Ein Sandmann mit Hut und Zitronengesicht

Humperdincks »Hänsel und Gretel« als Singspiel mit Puppen

AUB Als Ironisierung der »klassischen Gruselhexe« begeisterte Rosina Leckermaul, die Protagonistin des in enger Anlehnung an die Märchenoper von Engelbert Humperdinck entstandenen Singspiels »Hänsel und Gretel« am Samstag im Haus Ars Musica in Aub das Publikum. Geschaffen wurde die groteske Figur mit dem überdimensionalen Kopf und dem riesigen Maul von dem Würzburger Puppenbauer und -spieler Thomas Glasmeyer. Der Kontrast zwischen Brutalität und Zartheit zeichnet die Wankelfigur aus.

Opera dell'arte und piccolo teatro espresso haben die bekannte Märchenoper zu einem mit geistreichem Spott angereicherten Singspiel umgearbeitet, das von der szenischen Aktion von Puppen und Menschen lebt. In der Art, wie Kinder mit Puppen spielen, spielen die Sängerinnen Annette Schumann (Sopran) und Christina Kraft (Mezzosopran) mit den von Glasmeyer geschaffenen Tischfiguren, die ihnen im Übrigen verblüffend ähnlich sehen.

Die markanten musikalischen Partien der Oper werden von Christoph Wünsch am Klavier begleitet, original gesungen und durch zeitgemäße Prosatexte verbunden. In Passagen, in denen die szenische Aktion im Vordergrund steht, wird die Musik auf pointierende Elemente reduziert. Dabei verwendet der Pianist Sinnabschnitte des Humperdinckschen Satzen.

Die Neuinszenierung der Oper, in der Volker Böhm Regie führt, richtet sich zunächst an Kinder ab fünf Jahren, zieht aber mit ihrem subtilen Humor auch die Erwachsenen in ihren Bann. Es sind vor allem die Figuren, die der zeitgenössischen Inszenierung der spätromanischen Oper einen satirischen Touch verleihen. So fasst Glasmeyer beispielsweise die Figur des lieben Sandmanns als »kleinen, grauen Beamten« auf, der mit fahler Gesichtsfarbe, Brille, Hut und Zitronengesicht ausgestattet, gütig besorgt seine Klientel bedient. (Gabriele Antrecht)