Glasmeyers bravoröses Soloprogramm:
Zweimal »Rigoletto« bei »Putschenelle«

Würzburger Puppenspieler präsentierte Wertheimern anspruchsolle Kleinkunst

Wertheim. Viel Beifall erntete am Samstagabend - wie schon nachmittags für sein Kinderprogramm - Thomas Glasmeyer aus Würzburg für sein Soloprogramm für einen Puppenspieler und eine Vielzahl von Puppen. Als Betreiber des »Piccolo teatro espresso« war er Gast der Wertheimer Puppenbühne »Putschenelle« mit »Rigoletto-Paraphrase oder die molligen Opern des Guiseppe Verdi«.

Dabei zeigte die Glasmeyer als rühriger Meister der Verwandlung und Verstellung, trat zunächst als Hausmeister auf, dann als Fernsehansager, der auf mehrere Rigoletto-Aufführungen in Wien, Mailand und London an den renommierten Häusern hinwies, und schlüpfte schließlich in die Rolle der von dort berichtenden Reporter oder nahm kurzfristig auch den Status einer seiner Puppen ein.

Dialekt- und Akzentwechsel beherrschte Glasmeyer ebenfalls gekonnt und steuerte zudem viele komische Aspekte bei, zu der die Geschichte dieser Oper mit den unfaßbaren Zufälligkeiten ihrer Handlung dem Darsteller reiche Nahrung bot.

Auftakt war ein zynischer Seitenhieb in Richtung selbstdarstellerischer Musikwissenschaftler, der schließlich darin gipfelte, daß Herr Fernsehansager die Oper »Rigoletto« nach einigen hanebüchenen Rückschlüssen Verdis Kollegen Richard Wagner zuschrieb. Der Hauptteil der Vorstellung selbst umfaßte die parallele Darstellung zweier »Rigoletto«-Aufführungen, die eine, authentische in Wien, die andere in London als moderne Fassung mit Spielort New York, frei nach dem Werk des italienischen Meisters und mit Rigoletto als italo-amerikanischem Pizzabäcker. Der Zuschauer bekommt zunächst aktweise das originäre Stück präsentiert, hervorragend kommentiert und für den Laien verständlich gemacht im Wiener Schmäh von der Stabpuppe Prawy, »Kommentator vor Ort«, in deren Rolle Thomas Glasmeyer nun als Puppenspieler schlüpfte und seine selbstgefertigten Puppen agieren ließ. Demgegenüber folgt dann in weitaus kürzerer Form die Abstrakte und abstruse Version der Londoner.

Eine witzige Parodie

Während im Original aufgrund von Irrungen und Wirrungen die Schicksale des buckligen Narren Rigoletto, seines Herrn, des Herzogs von Mantua, und Rigolettos Tochter verquicken, Rigoletto den Auftrag zum Mord am Herzog gibt und dadurch versehentlich seine Tochter verliert, geht es in der Londoner Version in New York weitaus fideler zu. Rigolettos Tochter Gilda brennt dort mit einer Musikgruppe durch und ihre Amme angelt sich den Hauptdarsteller. Hinter all dem steht der italienische »Reporter vor Ort«, der eine fiktive, parallel in Mailand stattfindende Vorstellung als einzig wahre deklamiert.

Alles in allem bot Thomas Glasmeyer eine witzige Schau, teils stark als Parodie ausgelegt, mit einer erstklassigen Rahmenhandlung. Einer ihrer Bestandteile war die Werbung, die offenbar auch schon innerhalb des Opernprogramms ihren Einzug gehalten haben mag, denn während Rigoletto beim Tod seiner Gilda noch mit dem Schicksal hadert, schwebt von oben bereits Teil drei der Dessouwerbung ins Bild. Hauptsächlich durch die Führung von deren Händen und die Bewegung ihrer Körper scheinen Glasmeyers Puppen lebendig und glaubhaft. Speziell der intrigante Chor der Hofschranzen wurde eher abstrakt gehalten und wirkt dadurch, wie Thomas Glasmeyer deren einzelne Vertreter darstellt. Einzige Marionette, weil abhängig von seiner Libido, ist der Herzog von Mantua. […] Der Abend zeigte, daß Puppentheater nicht nur für die Kleinen etwas ist. Der Kleinkunst für Erwachsene ist damit in Wertheim der Weg geebnet. bd