Im Einkaufskorb über das offene Meer

Ein Puppenspiel für große und kleine Zuschauer: „Der kleine König in der Hutschachtel“ eröffnete die siebten Pegnitzer Wortspiele

PEGNITZ - von Andrea Pfaucht

In einem Vulkan Gemüsesuppen kochen, in einer Hutschachtel ein Festtagsessen servieren und in einem Einkaufkorb die offene See bezwingen - all das ist alles möglich. Zumindest im Figurentheater von Thomas Glasmeyer.

Das Puppenspiel „Der kleine König in der Hutschachtel“ war der Auftakt zu den „7. Pegnitzer Wortspiele“, präsentiert vom Kurier und dem Kulturamt Pegnitz. In seinem Stück zeichnete Glasmeyer ein facettenreiches Bild von Freundschaft, Verantwortung und sozialer Kompetenz. Und das alles ganz ohne erhobenen Zeigefinger, sondern stattdessen mit einer anrührenden, liebevoll gestalteten Geschichte. Wenn Glasmeyer seine Erzählmütze aufsetzt, sind Gameboy, Computerspiele und Co. ganz schnell vergessen, stattdessen leuchten Kinderaugen wie große Murmeln. Der Puppenspieler braucht keine Minute, um nicht nur die Kleinen in seinen Bann zu ziehen, denn die begleitenden Erwachsenen haben mindestens genauso viel Spaß an den vielschichtigen Aussagen seines Stückes.

Da wäre zum einen der kleine König, der zusammen mit seinem gesamten Hofstaat, bestehend aus Haushofmeister, Kinderfrau und Koch, Platz in seinem Hutschachtelpalast findet. Er möchte geme Kinder zu seinem Geburtstag einladen, was auf entschiedenen Widerstand des Haushofmeistergrafen und der Kinderfraubaronin stößt. Das Geburtstagsfestessen lässt ebenfalls auf wenig Abwechslung hoffen. „Das war schon immer so, also machen wir das wieder“ - ein Klischee, das es nicht nur im Puppentheater zu überwinden gilt. Der kleine König sucht nach Auswegen, neuen Ideen, wird kreativ. Die Kinder finden es klasse und die Eltern kommen ins Nachdenken. Dem Einfallsreichtum des kleinen Königs schließlich ist es zu verdanken, dass Pedro und sein Erzieher El Senor den Weg von der fernen Isla del Sombrero zu ihm finden. Gazpacho und eXotische Blumen haben sie im Gepäck.

Glasmeyer braucht wenig Requisiten. Schwarzer Hintergrund und eine schwarze Bühne genügen - haben doch seine liebevoll gestalteten Puppen an sich schon eine hohe Aussagekraft. Dazu eine Hutschachtel, die zum Palast wird, ein Sombrero, der zur Insel mit Vulkan wird, in dem Pedro kalte Gemüsesuppe „kocht“. Ein Einkaufskorb, samt Hängemattensegel trägt die Freunde über das große Meer, bevor sich der Deckel der Hutschachtel in eine Festtagstafel verwandelt. Apropos Festtag. Der Geburtstag rückt näher und als Festmahl gibt es das, was alle Beteiligten schon kennen: Traditionelles aus dem Palast, Gazpacho von Pedro und El Senor. Auf den ersten Blick also alles wie gehabt, diesmal aber dann doch ganz anders. Hier wird der Spagat zwischen Altem und Neuem ganz einfach, Glasmeyer zeigt, wie es geht.

Man nehme ein bisschen bewährte Tradition und Uberlieferung, mische sie mit neuen Ideen und schaffe durch freundschaftliche Zusammenarbeit ein beglückendes Erlebnis für alle Beteiligten. Ganz nebenbei weckt Glasmeyer dann auch noch ein bisschen Spaß am Sprachenlernen, immerhin spricht der Hofkoch ein gepflegtes Sächsisch; zudem baut er, ganz subtil und unauffällig, auf einer zweiten Ebene noch eine ganz kleine Geschichte für die Erwachsenen ein: Die Romanze zwischen Haushofmeister und Kinderfrau, die mit einer Tasse Tee beginnt und schließlich zu „Kaffee“ in seinen Gemächern führt. Glasmeyers Spiel macht Lust darauf, Neues auszuprobieren, ohne Altbewährtes über Bord zu werfen, es macht neugierig, erweitert Horizonte und erklärt ohne übertriebenes Pathos den Wert von Freundschaft und sozialer Verantwortung.